Nirgendwo ist Afrika so idyllisch wie in den Winelands vor den Toren Kapstadts, Südafrika. Rund 400 Weingüter verwöhnen die Gaumen mit edlem Shiraz, kräftigem Pinotage und fruchtigem Chardonnay.
Schwelgen im Idyll der Winelands von Südafrika
„Ich schmecke rote Beere, Pflaume, ein wenig Banane, mal eine pfeffrige, mal eine schokoladige Note“, erklärt Jan und lässt den tiefroten Pinotage in seinem Weinglas kreisen. Kerstin aus unserer Weintour-Gruppe kostet Kirsche mit erdigen Noten heraus, Walter weiß nicht so recht und mir schmeckt‘s einfach nur gut. Mehr noch: Ich fühle mich wie im Paradies. Dies ist einer dieser seltenen Momente, in denen die Welt vollkommen erscheint. Der Himmel leuchtet in einem satten Blau, die Luft ist mild und duftet nach Blumen. Wir sitzen unter ausladenden Bäumen im „Garden Restaurant“ auf der Terrasse des Weinguts Delheim und blicken in üppiges Grün.
Um uns herum haben sich Familien aus Kapstadt, Studenten aus Stellenbosch und Urlauber auf Weintour an den Tischen niedergelassen und ordern zum Lunch gebackenen Ziegenkäse, vegetarisches Curry oder kapmalaiisches Hühnchen. Als wäre all dies des Glücks noch nicht genug, schimmert am Horizont der Sehnsuchtsort aller Südafrika-Reisenden: der Tafelberg. Winzig klein erscheint von hier dieses Wahrzeichen Kapstadt, das über der quirligen Metropole am Südzipfel des afrikanischen Kontinents trohnt. Am Vormittag haben wir dort unsere Unterkunft im schicken Camps Bay verlassen, waren an der Waterfront zum Shoppen und sind über die N2 in die Winelands, Südafrika aufgebrochen.



Sensibler Pinotage und der Vater des Shiraz aus den Winelands Südafrika
„Dieser Pinotage ist etwas Besonderes“ höre ich Jan erzählen und verabschiede mich aus meinen Tagträumen. Jan ist unser Wein-Guide und schmeckt aus den edlen Getränken Aromen heraus, von deren Existenz ist bislang nichts ahnte. Lakritz-, Heu- und Eukalyptus-Nuancen können sich in den Rebsäften tummeln, die ich bislang nur in die Kategorien trocken, halbtrocken und zu süß, um ihn zu trinken, eingeordnet hatte. Doch dieser Pinotage namens Delheim Vera Cruz hat tatsächlich Tiefgang, nicht nur geschmacklich. Weingutgründer Michael Hans „Spatz“ Sperling hat ihn nach seiner Frau Vera benannt, was angesichts der edlen Qualität des tiefroten Getränks sicher als Liebesbeweis zu werten ist.
„Doch manche Leute“, so spöttelt Jan und nimmt ein Schlückchen, „übersetzen Vera Cruz mit Veras’s Kreuz und nehmen das als Anspielung auf die Mühsal, die ‚Spatz‘ seiner Vera mit der Plackerei auf dem Weingut aufgeladen hat.“ Tatsächlich gilt der Pinotage als Sensibelchen und fordert intensive Zuwendung. Die Rebsorte ist eine Kreuzung aus Pinot Noir und Cinsaut und wurde von Abraham Izak Perold, dem ersten Weinprofessor der Universität Stellenbosch, in die Welt gesetzt. Seither konkurriert er in der Beliebtheit mit dem Syrah, in Südafrika Shiraz genannt, dem vor allem die jüngere Generation gerne zuspricht.



Eine Winefarm jagt die Nächste
Nachdem wir auf der Delheim-Terrasse noch einen Merlot und eine Shiraz Rosé verkostet haben, drängt Jan zum Aufbruch. Eine Weintour, so muss ich lernen, ist nicht nur eine vergnügliche Spazierfahrt, sondern eine Art Studienreise, auf der man beweisen muss, dass man auch nach einigen Gläschen noch voll bei der Sache ist. Rund 400 Weingüter gibt es in den berühmten Winelands vor den Toren Kapstadts – ein Eldorado für Weinliebhaber, von dem wir auf unserer Tour nur einen kleinen Ausschnitt sehen können. Weinguide Jan hat die Qual der Wahl getroffen. Er lässt uns auf dem Weingut Blaauwklippen einen kräftigen Cabernet Sauvignon und einen fruchtigen Shiraz kosten. Danach geht es zur Spier Wine Farm, wo wir zu jedem Wein eine passende Schokolade serviert bekommen. Mittlerweile sind wir eine recht lustige Truppe und Kerstin erklärt, dass sie nun endlich auch einen schokoladigen Abgang im Signature Pinotage herauskostet.



Relaxte Studentenstimmung unter blauem Himmel in den Winelands
Jan möchte den ausgelassenen Haufen offensichtlich mit Kunst, Kultur und Geschichte ein wenig abkühlen und fährt mit uns nach Stellenbosch – ins Herz der Winelands Südafrika. Diese nach Kapstadt zweitälteste Stadt Südafrikas liegt traumhaft schön zwischen dramatischen Bergketten, an deren Hängen die edlen Merlot-, Pinotage- und Schiraz-Trauben reifen. Wir schlendern durch die denkmalgeschützte Dorp Street und bestaunen die mächtigen, 300 Jahre alten Eichen, die kapholländischen Farmhäuser mit ihren heruntergezogenen Giebeln und die viktorianischen Anwesen mit den verzierten Balustraden. Man könnte meinen, durch ein Open-Air-Museum zu laufen – wenn da nicht die bunte Schar junger Leute wäre, die in geselligen Trüppchen in den kleinen Cafés sitzen und vom Surfen, Feiern und Flirten reden. In Stellenbosch ist die zweitälteste und renommierteste Universität des Landes beheimatet. Ein Drittel der 100.000 Einwohner sind Studenten.
Eine von ihnen ist Anisa, die Sozialwissenschaften belegt hat, und uns ihre Lieblingsorte in Stellenbosch nennt. Wir folgen ihren Empfehlungen und trinken im The Blue Crane And The Butterfly an der Dorp Street einen köstlichen Cappuccino mit samtigem Milchschaum und einem herzförmigen Latte-Art-Muster, dazu gibt es eine Lemon-Tarte mit fluffigem Baiser. So mancher Student scheint zu nachmittäglicher Stunde gerade in den Tag zu starten, denn um uns herum werden Bircher Müsli mit Beerenkompott, hausgemachter Joghurt mit Wildhonig und duftende Waffeln mit Ahornsirup serviert. Jan mahnt zum Aufbruch und wir stürmen noch schnell in den Souvenirläden Oom Samie Se Winkel, den Uncle Samie’s Store, den uns Studentin Anisa ans Herz gelegt hatte. Zwischen Postkarten, afrikanischen Masken und historischen Drucken blickt uns vor allem ein Motiv an: eine grüngesichtige Asiatin, deren Konterfei Taschen, Kissen und Shirts ziert. Bald werden wir erfahren, was es mit dieser Frau auf sich hat.


Das weltberühmt Gemälde „The Chinese Girl“ in den Winelands, Südafrika
Die letzte Station unserer Weintour wird auch die nobelste sein: Wir fahren ins Delaire Graff Wine Estate, wobei der Namenszusatz Graff auf den jetzigen Besitzer des Edelweingutes hinweist. Laurence Graff steht für das Juwelierunternehmen Graff Diamonds und gilt als einer der reichsten Briten. Doch Graff liebt nicht nur Diamanten und Wein, sondern auch Kunst. Er sammelt vor allem moderne südafrikanische Gemälde und Skulpturen und hat sie auf seinem Anwesen und sogar zwischen die Weinstöcke verteilt. Sein spektakulärster Coup: The Chinese Girl, das der russische Maler Vladimir Tretchikoff 1952 in Kapstadt schuf. Wir bleiben wie vom Donner gerührt stehen, als wir das berühmte Originalgemälde auf einer Staffelei vor dem Restaurant entdecken.
Kerstin, die in Stellenbosch (Winelands, Südafrika) gleich zwei Taschen und ein Kissen mit ihrem Motiv erstanden hat, grinst triumphierend. Doch Jan weist darauf hin, dass wir eine Wein- und keine Kunst-Tour gebucht haben und lotst uns ins Delaire Graff Restaurant, wo wir ein köstliches Karoo-Lamm mit geröstetem Tomatenpüree und Auberginen-Kroketten genießen. Dazu gibt es einen kräftigen und doch eleganten Botmanskop, benannt nach den umliegenden Botmanskop-Bergen, zu deren Füßen er wächst. Die Sonne verabschiedet sich hinter den schroffen Berggipfeln und färbt den Himmel in ein zartes Rosa. Wir treten nach draußen und mich überkommt ein Déjà-vu. Die Luft ist immer noch mild, es duftet nach Rosmarin aus dem Kräutergarten und ich blicke in die Ferne. Dort schimmert fast wie eine Fata Morgana die Silhouette des Tafelberges und wieder denke ich: Lass jemanden die Zeit anhalten, denn hier und jetzt ist die Welt einfach vollkommen.
Weitere Informationen
Reisezeit: Die besten Reisezeiten für Kapstadt und die Winelands liegen in unserem Frühling und unserem Herbst. Dann sind die Tage am Kap meist warm und sonnig, in den Nächten herrschen angenehme Temperaturen. Die Monate Juni bis August können recht kühl und auch einmal regnerisch sein.
Anreise: Tägliche Verbindungen bietet South African Airways ab Frankfurt über das Drehkreuz Johannesburg nach Kapstadt. Buchungen unter www.flysaa.com oder Tel. 069/29980320.
Auskünfte: Deutschsprachige Informationen zum Reiseland Südafrika sind erhältlich unter www.dein-suedafrika.de oder der kostenfreien Service-Nummer 0800/1189118.
Die Reise der Autor:in wurde von diversen Partnern vor Ort unterstützt. Die Sponsoren nehmen keinen Einfluss auf die Inhalte. Der Beitrag einhält unter Umständen Affiliate Links. Erfolgt eine Bestellung über diesen Link, erhält Guide-to-Afrika eine kleine Provision. Das Produkt wird dadurch NICHT teurer.
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