Nur noch rund eintausend Berggorillas leben weltweit in freier Wildbahn. Nur wer sich in den tiefen Dschungel wagt, findet in Uganda die Berggorillas. Doch wer die Muskelprotze provoziert, riskiert eine Attacke.
Auf Tuchfühlung mit den Silberrücken der Uganda Berggorillas
„Mindestens sieben Meter Abstand“, flüstert Ranger Ismael Bakebwa. Die achtköpfige Trekking-Gruppe ist mitten in eine Horde von Uganda Berggorillas geraten. Ein muskelbepackter Silberrücken bricht durch die Büsche und knackt dabei mühelos einen armdicken Baum um. „Der sieht ja aus wie King Kong“, wispert Denise, eine durchtrainierte Unternehmensberaterin aus der Schweiz, stolpert einige Schritte zurück und verkriecht sich halb hinter einem wilden Kaffeebusch. „Das ist Bigingo“, erklärt Ismael, „einer von fünf Silberrücken in der Gruppe. Doch der Chef der fünf King Kongs ist Mark und das schon seit 18 Jahren“. Als hätte er seinen Namen gehört, erscheint der 250-Kilo-Koloss zwischen mannshohem Bambus und fixiert die Ansammlung mit unverwandtem Blick. Kein Zweifel, er ist der Boss. Die kleine Touristengruppe, die im Mgahinga Gorilla Nationalpark im gebirgigen Südwesten des Landes Gorilla-Tracking gebucht hat, steht stocksteif. Selbst das Dauerklicken der Kameras verstummt. Nur das Knacken der Äste ist zu hören. Sieben Meter Abstand sollen gewahrt bleiben – doch freiwillig traut sich sowieso keiner an diese mächtigen Muskelprotze heran. Nur Mark hat von der Sieben-Meter-Regel offensichtlich noch nichts gehört. Er wischt zwei Riesenfarne zur Seite und schiebt seinen massigen Körper auf die Lichtung. Ein tiefes Grummeln vibriert durch die regenfeuchte Luft, dann fläzt er sich gemütlich auf den Rücken, krault sich das tiefschwarze Fell und schielt entspannt auf die verzagte Menschengruppe. „Wenn sie grummeln, sind sie gut gelaunt“, flüstert Ismael und erklärt, dass die Affen-Truppe heute ganz entspannt durch den tropischen Wald streift.




Nur mit Fährtenlesern und Guide finden sich in Uganda die Berggorillas
Drei Fährtenleser waren schon seit dem frühen Morgen unterwegs, um die Gorilla-Gruppe im steilen Gelände, das von den erloschenen Virunga-Vulkanen überragt wird, zu finden. Nur rund eine Stunde Fußmarsch vom Besucher- und Forschungszentrum entfernt haben sie die mächtigen Menschenaffen zwischen Bambus und Baumfarnen entdeckt. Eine Stunde Fußmarsch, die es in sich hat. Über schlammige Pfade geht es steil bergauf. Die rote Erde klebt an den Trekking-Schuhen und nasse Zweige klatschen den Wanderern ins Gesicht. In schnellem Schritt führt Ismael die Gruppe bergauf, immer den Mgahinga Vulkan im Blick, der wie ein Wächter über dem Dschungel thront. Wenn die ausländischen Flachländer zu sehr schnaufen, macht er eine Pause, zeigt wilde Kürbisse und weist auf den tief in der Ebene liegenden Mutanda-See, der wie eine Fata Morgana im Dunst schimmert. Dann eilt er weiter, einen bewaffneten Begleiter an der Seite, der zum Einsatz kommt, wenn ein schlecht gelaunter Büffel oder ein aggressiver Waldelefant Streit suchen sollte. Wer nicht gut zu Fuß ist, hat sich für 15 US-Dollar einen Helfer aus dem nahegelegenen Dorf gebucht, der den Rucksack trägt und seinen Kunden bei Bedarf den Berg hinaufzieht oder -schiebt.






In den Fußstapfen von Dian Fossey
Maximal acht Gäste dürfen pro Tag die Berggorilla-Gruppe besuchen. Sie alle haben schon lange im Voraus eine der begehrten Genehmigungen für rund 600 US-Dollar erstanden, um die Berggorillas zu sehen. Wer nach einer Stunde Fußmarsch am Ziel ist, hat Glück. Manche Gruppen suchen bis zu vier Stunden, bis sie die fruchteinflößenden Menschenaffen gefunden hat. Hin und wieder geht es dabei auch über die Grenze – nach Ruanda oder in die Demokratische Republik Kongo. Mit beiden Ländern teilt Uganda sich den Regenwald rund um die Virunga-Vulkane und die darin umherstreifenden Berggorillas. Über die Grenze geht es ohne Pass und Stempel, denn alle drei Staaten haben den Rangern im länderübergreifenden Virunga-Schutzgebiet erlaubt, den Gorilla-Gruppen ins Nachbarland zu folgen.
Berggorillas sind von Natur aus scheu und schnell aggressiv, wenn ihr Territorium verletzt wird. Deshalb werden ausgesuchte Gruppen über einen Zeitraum von zwei Jahren und länger an Menschen gewöhnt, bevor Touristen kommen dürfen. Wie das geht, hat die US-amerikanische Verhaltensforscherin Dian Fossey in den 1970er-Jahren vorgemacht. Ihr Leben mit und für die faszinierenden Menschenaffen in Ostafrika wurde unter dem Titel „Gorillas im Nebel“ verfilmt.





Die halbstarken Uganda Berggorillas im Teenie-Alter
Auch die Trekking-Gruppe im Mgahinga Gorilla Nationalpark kennt den mit Sigourney Weaver produzierten Kinohit. „Ich fühle mich wie Dian Fossey“, erklärt Denise, die mittlerweile mutig hinter ihrem Busch hervorgekrochen ist und sich dem Gorilla-Youngster Machati nähert. Der Halbstarke lümmelt im Gebüsch, knabbert an einer Bambusstange und schlemmt zwischendurch rote Ameisen. Gute Gelegenheit, einmal die Muskeln spielen zu lassen, scheint er zu denken. Geschmeidig bringt er sich in Angriffsposition, prescht vor, kickt Susan beherzt gegen das Schienbein und trollt sich dann wieder an seinen Futterplatz ins Bambusgestrüpp. „Der hat auch noch nichts von sieben Meter Abstand gehört“, schmollt Susan. Zeit zu gehen, findet Ismael und treibt die Gruppe zur Eile. Es wartet noch ein steiler, rutschiger Abstieg. Doch alle tragen ein breites Grinsen im Gesicht. Sie hatten das Privileg, die mächtigen Berggorillas zu erleben – einige der nur noch wenigen Exemplare, die sich vor der menschlichen Zivilisation verstecken konnten und wie eh und je durch die dichten Tropenwälder Ostafrikas streifen.


Weitere Informationen
Berggorillas: Weltweit leben rund 1.000 Berggorillas in freier Wildbahn, die meisten davon in Uganda, die anderen in Ruanda und in der Demokratischen Republik Kongo. Ugandas Berggorillas sind in den beiden Nationalparks Mgahinga (eine an Menschen gewöhnte Gruppe) und Bwindi (13 an Menschen gewöhnte Gruppen) zu finden. Jede Gruppe darf pro Tag genau eine Stunde lang von maximal acht Gästen besucht werden. Die Genehmigungen kosten rund 600 US-Dollar. 10 US-Dollar pro Gorilla-Besuchserlaubnis und 20 Prozent der Parkgebühren gehen an Gemeinschaftsprojekte in den umliegenden Gemeinden.
Mgahinga Nationalpark: Das Schutzgebiet im äußersten Südwesten Ugandas beherbergt neben den Berggorillas auch die seltenen Golden Monkeys, die ebenfalls besucht werden können. Weitere Aktivitäten: Kulturpfad mit dem Pygmäen-Volk der Batwa, Vulkanbesteigung, Bergwanderungen, Klettertouren. Alle Aktivitäten werden vom Besucher- und Forschungszentrum des Mgahinga Gorilla National Park angeboten.
Reisezeit: Uganda hat das ganze Jahr über ein ausgeglichenes Klima. Die Temperaturen liegen stets zwischen 16 und 28 °C. Januar und Februar sowie Juni bis Oktober sind die trockensten Monate, während im April und Mai mit höheren Niederschlagsmengen zu rechnen ist.
Rundreisen: Der Besuch der Berggorillas ist in der Regel Baustein einer Rundreise durch Uganda. Angeboten werden diese von diversen auf Afrika spezialisierten Veranstaltern, etwa Abendsonne Afrika (www.abendsonneafrika.de) oder Diamir Erlebnisreisen (www.diamir.de).
Nützliche Websites: www.visituganda.de, www.ugandawildlife.org
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