Fynbos, Südafrika: Der Leopard ist zurück an der Garden Route

von Jutta Lemcke

[wpseo_breadcrumb]

Im Königreich der Blumen: Mannshohe Heide, Königsproteen und farbenprächtige Gladiolen – der Fynbos an Südafrikas Atlantikküste und Garden Route ist ein Blumenparadies, das inzwischen sogar Raubkatzen anlockt.

Im Fynbos liegt das Schmetterlingssurren in der Luft

Ein leises Flattern, eine schnelle Bewegung. Ein gelb getupfter Schmetterling schwebt über die reich gedeckte Dinnertafel in der Garden Lodge des Grootbos Private Nature Reserve. Der zarte Winzling kostet ein paar Tropfen vom Honigsorbet und fliegt dann weiter seiner Wege. Michael Lutzeyer schaut ihm hinterher und weiß, dass er vieles richtig gemacht hat. Der Naturliebhaber und Hotelier hat seine Fünfsterne-Lodges an Südafrikas Garden Route mitten in den Fynbos gesetzt – in jene einzigartige Pflanzenwelt aus Proteen, Farnen und Heidekraut , die man weltweit nur auf einem schmalen Küstenstreifen zwischen Kapstadt und Port Elizabeth findet. 

Doch Grootbos – zu Deutsch der „große Wald“ – ist viel mehr als eine noble Unterkunft bestehend aus zwei Lodges mit spektakulärer Aussicht auf den Ozean, einer Gourmetküche und der vielleicht besten Auswahl südafrikanischen Weins, den man im Land finden kann. Grootbos ist eine Vision, die auf vielen Säulen steht. Die vielleicht eindrucksvollste ist die Grootbos Stiftung, die in ihrem Naturschutzsektor permanent sieben Wissenschaftler beschäftigt – darunter allein zwei Insektenforscher, dazu Botaniker und Spezialisten für Lurche und Reptilien.

Fynbos: Ein unendlicher Spielplatz für Botaniker an der Garden Route

Chef der Forschergruppe ist Sean Privett. Er kam 1997 nach Grootbos. Ein bis zwei Jahre, so dachte der Botaniker, würde er brauchen, um das Ökosystem Fynbos zu verstehen. Heute, mehr als 20 Jahre später, lacht er darüber. Dieses Blumenparadies, das seit Menschengedenken die karge Erde an Südafrikas Südküste überzieht und Wind wie Nebel übersteht, protzt mit rund 9500 Pflanzenarten. 70 Prozent sind endemisch, kommen also nur hier vor. Ganz Deutschland weist 4000 Arten auf, Großbritannien 1500. Dieses kleinste Blumenreich der Welt ist eine Schatzkiste für Botaniker, die regelmäßig neue Sensationen entdecken und für die Nachwelt dokumentieren.

„Wir kratzen nur an der Oberfläche“, sagt Sean, der regelmäßig mit seinem Allrad-Landcruiser über das idyllische Hügelland fährt und nach seinen Blumen, Gräsern und Büschen schaut. Er findet zarte Lobelien, purpurfarbene Kaprosen, nach Jasmin duftende hellgelbe Nadelkissen und wundersame Gladiolen. Immer wieder springt er aus dem Fahrzeug, um den Lodgegästen ein besonders prächtiges Exemplar der Königsprotea, einen riesigen Heidebusch mit zartrosa Blütenkuppe oder ein Grüppchen Ameisen zu zeigen, das fleißig einige Samen unter die Erde schafft, um ihre Leckerbissen dort in Ruhe zu verspeisen. Und er späht nach dem Honigsauger, der am liebsten auf einer prächtigen Protea hockt und mit seinem Schnabel in die Tiefe taucht, um dort von seiner Lieblingsspeise zu kosten.

  

Menschliche Einwirkung auf das Naturschutzgebiet an der Garden Route

Auch seine Sorgen teilt Sean mit den Gästen. Er wartet dringend auf Feuer. Kürzlich brannte es im angrenzenden Flower Valley und Sean hoffte, dass die Flammen auf sein Gebiet überspringen. Doch – wie so oft – kam  die Feuerwehr mit ihren  Helikoptern und schüttete Wasser auf die Glut. Sean schaut sorgenvoll auf seine Büsche. Dieses Fynbos-Feld ist alt und wird einen natürlichen Tod sterben. Nur  wenn es brennt, springen die vielen Pflanzensamen auf. Der Wind verteilt sie über die mit Asche bedeckte Erde, die so nährstoffreich ist, dass es nach dem ersten Regen wie in einem Gewächshaus spießt und gedeiht.  Der natürliche Zyklus für den Fynbos dauert fünfzehn Jahre.   Erst seit der Mensch eingreift, brennt es entweder zu häufig oder – wenn gelöscht wird – zu selten. Früher waren es Blitze, die das Land in Flammen setzten. Der alte trockene Fynbos brannte, der junge mit seinem hohen Feuchtigkeitsgehalt gebot den Flammen Einhalt.  

Die Leoparden der südafrikanischen Heide

Auch Mike Fabricious mag all die Blüten und Blätter, doch seine Augen leuchten, wenn er an die Tierwelt im Fynbos denkt. Sein Steckenpferd sind die Räuber. Regelmäßig streift er zusammen mit seinem vierbeinigen Freund Monk nachts beim Licht des Mondes durch den Fynbos. Nachdem auf dem Grootbos-Gelände die schädlichen Alien-Pflanzen herausgerupft waren und die Pflanzenwelt wieder ins Reine kam, kehrten die Insekten zurück, dann die Vögel, die Mäuse und Antilopen. Schließlich fand auch der Kap-Leopard, dass Grootbos ein feines Revier sei. Mikes Augen leuchten. Vor einiger Zeit hat er Spuren entdeckt und wenig später tappte eine Leoparden-Mama mit zwei puscheligen Babys in seine Kamera-Falle. Nur zu gern zeigt er ein Foto des Großereignisses  auf seinem Handy. Er wohnt weit abseits von der Welt an einem idyllischen Seerosenteich inmitten des Grootbos-Hügellandes und wird auch die nächste Nacht wieder unter dem Sternenhimmel verbringen und nach seinen Leoparden spähen.  

„Wir sind alle in bisschen verrückt“, sagt Michael Lutzeyer. „Wenn unser Entomologe Kurt van Wyk einen neuen Käferwinzling entdeckt oder Mike auch nur die Schwanzspitze einer Ginsterkatze zwischen den Büschen entdeckt hat, feiern wir Party. Sechs neue Arten haben wir auf Grootbos bereits gefunden.“  Bescheiden vergisst er zu erwähnen, dass schon vor vielen Jahren eine vorher  unbekannte Pflanze entdeckt wurde, die nach ihm benannt den Namen Capnophyllum lutzeyeri trägt.   

Große Pläne für Reservat Grootbos, Fynbos an der Garden Route

Das Gelände  des Grootbos Nature Reserve misst 2500 Hektar. Zu wenig, befand man irgendwann, um ernsthaft Naturschutz zu betreiben. So begannen Michael und sein Team bereits vor etlichen Jahren, die umliegenden Landbesitzer für ihre Idee zu begeistern. Die Walker Bay Fynbos Conservancy wurde ins Leben gerufen, der inzwischen 43 Landbesitzer beigetreten sind, so dass das Schutzgebiet inzwischen gut 20.000 Hektar misst. Wichtigster Unterstützer ist das Grootbos Nature Reserve mit Garden Lodge und Forest Lodge, das mit seiner Infrastruktur und Support in den Bereichen Fynbos-Forschung, Feuer-Management und Bekämpfung von Alien-Pflanzen hilft.

„Die Landbesitzer zu überzeugen, war ein hartes Stück Arbeit“, sagt Michael. „Viele hatten keine Ahnung, was Fynbos ist und warum man ihn schützen soll. Für sie war es wertloses Gestrüpp. Doch wenn die Farmer hören, dass auf ihrem Land eine weltweit einzigartige Pflanze wächst oder dass der Kap-Leopard dort umherstreift, springt der Funke über“.  Michael sitzt auf der Terrasse seiner Lodge und schaut auf den Ozean, der in der Ferne glitzert. Wale gleiten dort durchs Wasser und in den Felshöhlen finden sich Zeugnisse der Khoi-San, die hier schon seit der Steinzeit lebten. „Als ich Anfang der 1990er-Jahre herkam und diese Stück Land kaufte, hatte ich keine Ahnung, was daraus einmal werden würde. Jeder Tag bringt weitere Überraschungen. Und ich bin dankbar, dass rund ums Jahr Gäste zu Besuch kommen. Sie verbringen hier in allererster Linie ihren wohlverdienten Traumurlaub – doch gleichzeitig helfen sie, dieses einzigartige Paradies zu erhalten.“

Ein Fynbos-Paradies in XXL-Größe

Und die Grootbos-Story geht weiter. Sean und seine Mitstreiter in der Grootbos-Stiftung wollen dieses paradiesische Stückchen Erde auf lange Sicht schützen. Sie haben neun Landbesitzer überzeugen können, Teile ihrer Gebiete offiziell als „protected environment“ zu klassifizieren. Wenn dieser formale Akt abgeschlossen ist, müssen sich auch mögliche spätere Besitzer an die Naturschutzvorgaben halten. Richtig ins Schwärmen gerät Sean, wenn er auf den Klippen des Flower-Valleys steht und in die Ferne schaut. Um ihn herum blüht der Fynbos in allen Farben des Regenbogens. Ein Steppenbussard, der den ganzen Weg aus Sibirien kam, dreht seine Kreise über der Ebene, durch die sich glitzernd ein Flüsschen schlängelt. Weit in der Ferne Richtung Meer ist der Cap Agulhas Nationalpark zu ahnen. „Unser großer Traum ist es, die Conservancy weiter auszudehnen bis sie an den Nationalpark heranreicht und wir hier ein Fynbos-Paradies  in XXL-Größe haben“, sagt er gedankenverloren. Blumenliebhaber aus aller Welt werden es ihnen danken.   

Weitere Informationen

Anreise: South African Airways und andere Airlines bieten Flüge nach Kapstadt. Von dort geht es an der Südküste entlang in etwa zwei Stunden zum Grootbos Nature Reserve an der Walker Bay. Diese ist auch ein beliebter Stopp auf einer Garden Route-Tour. 

Unterkunft: Im Grootbos Nature Reserve finden anspruchsvolle Gäste Unterkunft in der Forest Lodge oder in der Garden Lodge, die beide Fünf-Sterne-Komfort, attraktive Aktivitäten, hervorragende Küche und ein exzellentes Weinsortiment bieten. www.grootbos.com

Grootbos Stiftung:  Die Grootbos Stiftung wurde 2003 von Michael Lutzeyer gegründet. Generelle Ziele sind der Schutz der Fynbos-Natur und die Unterstützung lokaler Gemeinden. Wichtige Säulen sind Ausbildungsprogramme in Ökologie und Öko-Tourismus, wissenschaftlich gestützter Naturschutz, Sport- und Ausbildungsprogramme für Kinder der umliegenden Gemeinden und die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten für Gemeindemitglieder zum Beispiel in Pflanzen- und Gemüsefarmen. www.grootbosfoundation.org, www.grootbos-foerdern.de/foundation/

Buchung: Eine Unterkunft in einer der Grootbos-Lodges kann direkt gebucht werden. Wer sich einem Reiseveranstalter anvertrauen möchte, kann sich zum Beispiel an den Afrika-Spezialisten Abendsonne Afrika wenden (www.abendsonneafrika.de).

Die Reise der Autor:in wurde von diversen Partnern vor Ort unterstützt. Die Sponsoren nehmen keinen Einfluss auf die Inhalte. Der Beitrag einhält unter Umständen Affiliate Links. Erfolgt eine Bestellung über diesen Link, erhält Guide-to-Afrika eine kleine Provision. Das Produkt wird dadurch NICHT teurer.

Jutta Lemcke

Jutta Lemcke

Jutta Lemcke ist als Reisejournalistin weltweit unterwegs – am liebsten in exotischer Ferne. Schwerpunkte: das südliche Afrika mit Ländern wie Südafrika, Namibia, Botswana, aber auch Kreuzfahrten auf allen Weltmeeren und auf Flüssen.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert